Der Inhalt des Buches hat (meiner Meinung) trotz seines betagten Alters von über 60 Jahren kaum an Aktualität eingebüßt. Man kann sich ähnliche Szenarien gut vorstellen. Die ganze Geschichte ist sehr düster. Beängstigend!
Besonders interessant fand ich die Erwähnung des "Neusprech"-Worts "Doppeldenk". Zitat aus dem Buch:
"Doppeldenk bedeutet die Fähigkeit, gleichzeitig zwei einander widersprechende Überzeugungen zu hegen und beide gelten zu lassen. [...] Bewußte Lügen zu erzählen, an die man ehrlich glaubt; Jede unbequem gewordene Tatsache zu vergessen, um sich bei Bedarf wieder daran zu erinnern; die Existenz einer objektiven Realität zu leugnen und die ganze Zeit über die von einem geleugnete Realität einzukalkulieren [...] Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, daß die subtilsten Benutzer von Doppeldenk diejenigen sind, die es erfunden haben und wissen, daß es ein gigantisches geistiges Betrugsmanöver ist. In unserer Gesellschaft sind diejenigen, die am besten wissen, was passiert, am weitesten davon entfernt, die Welt so zu sehen, wie sie tatsächlich ist. Allgemein gesagt, je größer die Einsicht, desto größer die Selbsttäuschung: je intelligenter, desto weniger vernünftig."*
Endlich ein Wort, mit dem ich ein solches Verhalten (welches mir schon oft bei mir selbst aufgefallen ist), beschreiben kann. Ich hätte es ja bisher einfach "organisierter Selbstbetrug" genannt, aber so klingt es doch gleich viel hübscher.
Sollte es da draußen tatsächlich noch jemanden geben, der das Buch noch nicht gelesen hat: ich würde es auf alle Fälle empfehlen. Es hat mir wirklich sehr gut gefallen. Habe nur leider den Fehler gemacht, mir während dem Lesen den wikipedia-Eintrag durchzusehen. Naja, zumindest teilweise. Beim ersten Spoiler hab ich dann wieder aufgehört. *hmpf*
Achja, beim Lesen ist mir auch aufgefallen, dass ich noch gar nicht so negativ bin, wie oft behauptet wird. Zumindest hab ich mir wirklich bis zum Schluss gedacht, dass sich noch eine positive Wendung einstellen wird…
* George Orwell, "1984", deutsche Übersetzung: Michael Walter, Berlin 2004